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Portugal in 100 Objekten
Foz Coa Portugal in 100 Objekten

Durch die Entdeckung des Felsbild-Ensembles von Foz Côa wurden erstmals eiszeitliche Darstellungen auf Felsflächen im Freien bekannt. Die Felszeichnungen in Foz do Côa (Douro, Nord-Portugal) sind während der letzten Kälteperiode der Eiszeit entstanden.

Felsbild aus Foz Côa

Erstaunlich lebendige und detailreiche Darstellungen von Tieren in unterschiedlichen Schlag- und Gravurtechniken findet man im Parque Arqueológico do Vale do Côa und im angrenzenden Park Siega Verde. Die Kunst der Steinzeit ist zunächst durch die Höhlenmalereien in Frankreich und Spanien berühmt geworden.

Dargestellt sind Pferde, Rinder, Hirsche, aber auch Ziegen und Fische. Erst in letzter Minute konnten diese unersetzlichen Zeugnisse der Vergangenheit vor dem Versinken in einem Stausee gerettet werden. Im unteren Tal des Flusses Côa wurde eine Serie von Petroglyphenstationen entdeckt.

Eigentlich waren sie ja schon lange bekannt gewesen, aber mit „entdeckt” meint man, daß Archäologen darauf aufmerksam geworden waren. Warum das so wichtig ist, ist schwer zu beurteilen, Archäologen verstehen zumeist wenig von Felskunst.

Die Archäologen der ersten Umweltstudie des Tales, vor seiner geplanten Überflutung durch einen riesigen Stausee, fanden die Felskunst gar nicht, obwohl sie sehr auffallend sind. Sie gaben das Tal zum Dammbau frei. Die Archäologen einer zweiten Studie, von der Elektrizitätsgesellschaft selbst angestellt, fanden zwar die Petroglyphen, hielten die Entdeckung aber geheim, um den Dammbau nicht zu gefährden.

Im November 1994 bekam aber die portugiesische Vertreterin der International Federation of Rock Art Organizations (IFRAO), Mila Simões de Abreu, Wind davon und löste den Alarm aus. Eine massive internationale Kampagne der Federation und von lokalen Beschützern dieses einmaligen Kulturerbes führte zur Einstellung der Dammarbeiten, mit riesigem Verlust für die Regierung, die dann 1995 obendrein noch die Wahl verlor.

Im Folgenden wurden an den Ufern des Flußes Côa mehrere tausend Petroglyphen entdeckt, deren Alter zunächst auf 17.000 bis 25.000 Jahre geschätzt wird. Die in den Schiefergestein geritzten Darstellungen zeigen Auerochsen, Pferde, Hirsche, Steinböcke, aber auch Ziegen und Fische, auf einer Länge von über 17 km! Es ist eine besuchbare Galerie unter freiem Himmel mit wundervollen Darstellungen, wie man sie bislang nur in geschützten Höhlen vorgefunden hatte.

Die meisten Darstellungen könnten aus der Zeit des Solutréen stammen - eine Annahme wofür stilistische Vergleiche mit Felsbildern aus Südwestfrankreich und Kantabrien sprechen.

Seit 1998 ist das Côa-Tal als Weltkulturerbe anerkannt. 2010 wurde der Welterbetitel um das benachbarte Siega Verde in Spanien erweitert (www.siegaverde.es) und (www.coasiegaverde.com)

Die Fundstätte Siega Verde in der Provinz Salamanca (Kastilien-León) birgt etwa 645 Petroglyphen auf den vom Fluß ausgewaschenen Felsen. Sie wurden Ende der 1980er Jahre entdeckt. Auch sie stellen, aufgrund ihres guten Erhaltungszustandes, ein überaus wertvolles Zeugnis der Kunst von den Steinzeitmenschen dar.

Die meisten Felsritzungen zeigen Tiergestalten, doch auch geometrische und schematische Figuren sind zu sehen. Seit 2010 gehören sie dem zum Weltkulturerbe erklärten prähistorischen Felskunst-Ensemble von Vale do Côa und Siega Verde an.

Durch die Jahrtausende nutzten Menschen die Felswände als Zeichenfläche und so entstand eine ausgedehnte Kunstgalerie, in der auch Werke aus der Jungsteinzeit, der Eisenzeit und sogar einige neuzeitliche Darstellungen zu finden sind.

Daß sich die Kunstwerke an den Oberflächen der Steine so gut erhalten haben, hängt mit dem Klima des Tals zusammen, welches eine konservierende Wirkung gehabt hat. Bei den Darstellungen kann man die verschiedenen Techniken erkennen: Einige Darstellungen von Tieren sind in gepunkteten Linien gezeichnet, die anfangs direkt, später indirekt mit einem anderen Stein als „Malstein” in den Schiefer gehauen wurden. Dieser „Zeichen-Technik” folgten die Ritzzeichnungen, die „echte” Linien ergaben.

Sogar Bewegungen haben die Steinzeitmenschen durch mehrfaches Zeichnen der betreffenden Körperteile darzustellen versucht: einige Pferde haben mehrere Köpfe und Schweife, die einen bestimmten Bewegungsablauf nachahmen.

Die prähistorische Fundstätte Siega Verde in der Provinz Salamanca mit Felszeichnungen aus dem Paläolithikum ist von der Unesco in die Liste der Weltkulturerbestätten aufgenommen worden. Die archäologischen Funde verteilen sich über eine Länge von rund einem Kilometer auf dem linken Ufer des Rio Águeda, ein „Zwillingsbruder” des Rio Côa. Dargestellt sind hauptsächlich Stiere, Pferde, Hirsche und Ziegen.

Siega Verde befindet sich rund 20 Kilometer von Ciudad Rodrigo entfernt in der Nähe der Grenze zu Portugal. Andere, überaus interessante Steinritzungen mit Darstellungen von Auerochsen (Ur) kann man im Museo Numantino, in Soria, Spanien, bewundern.

Die Felsbilder Europas

Ein ganz wesentliches Zeugnis der prähistorischen Kulturen Europas sind Malereien, Reliefs und Gravierungen in Höhlen, unter Felsüberhängen und auf jeder Art von Felsflächen unter freiem Himmel.

Die genaue Zahl von Felsbildstationen und Einzeldarstellungen ist schwer abzuschätzen, doch dürften 500.000 Bilder von Menschen, Tieren, ethnographischen Themen und Symbolen eher die Untergrenze sein. Felsbilder beginnen mit dem ersten Auftreten des modernen Menschen vor rund 40/30.000 Jahren und reichen bis in die jüngere Vergangenheit.

Ein internationales Projekt beschäftigt sich mit den Fragen der Dokumentation, Konservierung und der Maßnahmen zum Schutz dieser kultur- und geistesgeschichtlich ungemein aussagekräftigen Quellen. Das Projekt erfolgt in Zusammenarbeit mit den einschlägigen Gremien in Europa.

Ziel ist die Erarbeitung einer C.A.R. - Charter for the Protection and Management of Rock Art and Rock Art Sites, die ähnlich wie eine entsprechende Charter von ICOMOS den jeweiligen regionalen, nationalen und internationalen Administrationen bzw. der UNESCO Leitlinien für den Schutz und das Management der Fundstellen und Fundregionen an die Hand geben soll.

Dies hat z.B. große Bedeutung für die Anerkennung bestimmter Fundstellen als Weltkulturerbe.

Dokumentation — Portugiesisches Petroikonologisches Projekt

In Europa ist gegenwärtig Portugal das Hauptforschungsgebiet der FFAA (Forschungsstelle für Felsbildkunde und Allgemeine Archäotherioikonologie). Die Wissenschaftler wurden erstmals mit der Entdeckung der berühmten Felsbilder im Côa-Tal von Seiten der portugiesischen Regierung um ihre Unterstützung gebeten und sind seitdem im Lande aktiv. Die Forscher der FFAA waren bereits an der Nominierung der Côa-Felsbilder als UNESCO-Welterbe beteiligt und arbeiten weiterhin eng mit der UNESCO und den portugiesischen Archäologie-Behörden zusammen.

U.a. hat die Arbeitsgruppe von Thomas W. Wyrwoll wesentliche Teile des konservatorischen Programms der für Besucher zugänglichen Fundorte im Côa-Tal erstellt. Die FFAA unternimmt v.a. im Norden Portugals Explorationen, bei denen viele unbekannte Felsbilder entdeckt werden konnten.

Hierbei arbeitet sie mit dem Instituto Terra e Memória, der Universität Coimbra, dem Centro de Pré-História und dem Laboratório de Arqueozoologia e Paleontologia in Tomar, dem Museu de Mação und dem Archäologischen Park des Côa-Tals in Vila Nova de Foz Côa sowie weiteren Einrichtungen zusammen und unterstützt die portugiesische Archäologenschaft bei der Ausbildung junger Forscher. Diese Arbeiten der FFAA bilden gemeinsam das Portugiesische Petroikonologische Projekt (PPP).

Federführend ist die FFAA v.a. bei der archäotherioikonologischen Erforschung Portugals und der Iberischen Halbinsel. Hierbei stellte sie sich nicht selten in Gegensatz zu bestimmten Lehrmeinungen der Forschung. Von diesen wurde bisher angenommen, die Gravuren des Côa-Tals würden großteils ins Paläolithikum fallen und damit einmalige Gegenstücke zu den franko-kantabrischen Höhlenmalereien bilden, die sich aufgrund des günstigen Klimas im Freiland erhalten hätten.

FFAA-Direktor Thomas W. Wyrwoll hat darauf hingewiesen, daß einige vermeintliche Kardinalbeispiele für paläolithische Tierdarstellungen falsch interpretiert wurden und die abgebildeten Tiere tatsächlich morphologisch an benachbarte Formen des Holozäns anschließen, die Bilder also wohl ins Holozän datieren.

(Das Holozän ist der jüngste Zeitabschnitt der Erdgeschichte; er dauert bis heute an. In der Hierarchie der chronostratigrafischen Einheiten nimmt es den Rang einer Serie ein, wird aber nicht in Stufen unterteilt. Das Holozän begann 11.700 ± 99 Jahre b2k (= vor dem Jahr 2000) mit der Erwärmung des Klimas am Ende des Pleistozäns.)

Solche archäotherioikonologischen Studien bilden gegenwärtig den Schwerpunkt der iberischen Arbeiten der FFAA. Projektleiter: Thomas W. Wyrwoll

Projektpartner: FFAA, Instituto Terra e Memória, IPT mit Centro de Pré-História und Laboratório de Arqueozoologia e Paleontologia in Tomar, Museu de Mação, Universität Coimbra.


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