Startseite

Kulturas
Magazin

Unsere E-Books

Youtube-Channel
Portugal Kultur

email

Portugal in 100 Objekten
Ein kleiner zerfurchter Brot-Monolith, mit weißem Mehl bestäubt: die Broa, ein Mischbrot aus Mais und Roggenmehl, hat noch nicht ihr süßsaures Inneres preigegeben, erregt aber schon Neugier und Appetit. Sie wird den Brotesser nicht entäuschen.
Harte Krume, weiches Inneres: die dunkelbraune Broa de Avintes läßt sich einfach schneiden. Jetzt noch ein Glas Rotwein und eine Scheibe würzigen Käse. Vorher noch den Kalorienzähler abschalten, um den Genuß nicht zu trüben.

Broa de Avintes

Der Name des Ortes Avintes wird meist in Verbindung mit einem Lokalprodukt in Verbindung gebracht: die Broa de Avintes. Mit Broa werden die traditionellen Brotsorten bezeichnet, die aus Maismehl gebacken werden. Obwohl heute dieses Brot nicht meht die Bedeutung von früher eionnimmt, so wird es doch überall in Portugal, aber insbesondere in Porto geschätzt.

Ein besonders feiner Geschmack bei einem ansonsten recht robustes Brot kennzeichnet das Besondere an diesem Brot. Probieren geht vor Studieren — auch in diesem Falle muß man es getestet haben. Am besten mit einem herzhaftem Käse, einen guten Rotwein und/oder einer Bauernwurst.

Schon im 18. Jahrhundert war Avintes ein Zentrum der Getreidemühlen. Der Lokalhistoriker Gondim vermerkt, daß im Jahre 1764 viele Personen in dieser Branche arbeiteten. Im Jahre 1747 wurden wöchentlich 96 Wagenladungen Brot gebacken. Im Jahre 1758 brachte da Wasser des Flußes Febros 50 Mühlen in Gang.

Einiges deuten darauf hin, daß die Getreidemühlen schon zu Zeiten des Königs Dinis mahlten. Der Monarch hätte aber das Brotbacken im Ort verboten, angeblich aus Angst vor Bränden. Im Jahre 1809 haben die Truppen Napoleons, die Portugal gerade erobert hatten, die Bedeutung von Avintes wahrgenommen, und ersparten der Ortschaft die Plünderungen, die andere Gebiete erleiden mußten.

Avintes besaß zeitweilig das Monopol für die Herstellung von Maisbrot. Gondim berichtet, daß am Anfang des 19. Jahrhunderts mehr als 50 Bäcker über 300 Wagenladungen Brot pro Woche herstellten. Die Brotverkäuferinnen — Padeiras de Avintes — wurde so berühmt wie die Ware, die sie anboten.

Dem schnellen Wachstum des Brotgeschäftes folgte ein jäher Absturz. Der Verkauf des Brotes nach Gewicht war eine amtliche Verordnung (von 1854) die den Bäckern aus Avintes böse zusetzte. Sie weigerten sich schlichtweg das Brot zu wiegen – und daß mißfiel der Kundschaft in Porto.

Die Bäcker konterten mit Streik – eine Maßnahme, die sich bald als Sackgasse erwies. Die Abhängikeit der Portuenser vom Brot aus Avintes war so groß, daß man schnell beschloß, in der Stadt Öfen zum Brotbacken zu errichten. Als die Bäcker aus Avintes umkehren wollten, war es schon zu spät – zu schnell war die Konkurrenz gewachsen. Heute sind die Wassermühlen längst in Vergessenheit geraten, das Brot wird zunehmend industriell gefertigt. Aber in Avintes bestehen noch einige Bäckreien darauf, die Broa handwerklich zu kneten – und das sieht man den Broten an.

Eine Confraria Broa de Avintes wurde gegründet, um über Qualität und Tradition zu wachen. Jährlich findet ein Arraial da Broa de Avintes statt. Frühmorgens beginnt das Brotkneten. Die Masse wird so lange bearbeitet, bis es Zeit wird, die Hefe zuzufügen. Dann mumelten die Bäckerinnen eine Beschwörung: „Sao Mamede te levede! São Vicente te acres­cente! S. João te faça pão! A Virgem Nossa Senhora te deite a sua divina benção e o Santíssimo Sacramento a sua divina virtude, pois eu da minha parte fiz tudo quanto pude!”

Die Backzeit dehnt sich auf 5 bis 6 Stunden aus. Sobald sie aus dem Ofen genommen werden, werden sie mit etwas Mehl bestäubt und in die Canastras (Brotkörbe) gesetzt, um flußabwärts nach Porto befördert zu werden.

«« Zur Gesamtliste